Quo vadis Deutsche Fußball Liga?

Dass ein Mitgliederentscheid in der „Interessenvertretung“ DFL nicht allzu viel Wert hat, wird nur die Wenigsten überraschen. Dass ein Mitgliederentscheid über die existenzielle Frage des Einstiegs eines Investors jedoch keine sechs Monate Bestand hat, dürfte dann doch auch die größeren Pessimisten unter uns überrascht haben.

Worum geht es?

Im Mai 2023 scheiterte auf der Mitgliederversammlung der DFL der Antrag, insgesamt 12,5% der zukünftigen Medienerlöse für rund 2 Milliarden Euro zu veräußern. Auch dank starker Proteste der Fankurven konnte die erforderliche 2/3 Mehrheit hierfür nicht erreicht werden. Schon unmittelbar nach dieser Abstimmung konnte man jedoch bei den Verantwortlichen der DFL und den Initiatoren dieser Pläne erkennen, dass sie sich dem Entscheid nicht beugen würden und man zeitnah mit einem erneuten Vorstoß rechnen müsse.
Keine sechs Monate nach dieser Entscheidung legte die DFL einen ähnlichen Plan vor, der bereits am 11. Dezember 2023, also in weniger als vier Wochen, zur Abstimmung steht. 

Wie unterscheidet sich der „neue“ Vorschlag von dem im Mai 2023 abgelehnten Vorschlag?

Anders als im Mai dieses Jahres beinhaltet der im Dezember 2023 zur Abstimmung stehende Vorschlag  einen „Verkauf“ von nur noch  6-9% der zukünftigen Medienerlöse, die weiterhin auf einen Zeitraum von ca. 20 Jahren begrenzt sein sollen. Hierfür soll die DFL eine Sofort-Zahlung in Höhe von 750 Millionen bis zu 1 Milliarde Euro erhalten. Auffällig ist also, dass die Bewertung für die Beteiligung an den zukünftigen Medienerlösen der DFL in den vergangenen sechs Monaten offensichtlich erheblich gefallen ist. Statt 12,5% für 2 Milliarden Euro zu verkaufen, soll die DFL heute nur noch 1 Milliarde Euro für bis zu 9% der Medienerlöse erhalten. Ein Wertverlust von rund 30%. Trotz dieses massiven Wertverlusts soll der Einstieg eines Investors aber weiterhin „alternativlos“ sein. 
Von dieser Finanzspritze sollen 60-70% in die Entwicklung einer eigenen digitalen Medienplattform – vergleichbar mit der FIFA Plus Plattform – investiert werden, die es der DFL ermöglicht, eine Direktvermarktung ihrer Medieninhalte an Konsumenten in aller Welt vorzunehmen. Die übrigen 30% sollen direkt an die Vereine fließen, um das Loch zu füllen, das die Veräußerung von 9% der zukünftigen Medienerlöse in die Kassen der Vereine reißen wird. Diese 30%, also rund 300 Millionen Euro, sollen dabei ausreichen, um die zukünftig um 9% verminderten Ausschüttungen an die Vereine für die kommenden fünf Jahre auszugleichen. Eine Wette auf die Zukunft. 
Aus Sicht der DFL und seiner Mitgliedsvereine müssen die Medienerlöse innerhalb der nächsten fünf Jahre dabei um mindestens 9% gesteigert werden, um nicht durch die Beteiligung des Investors unter erheblichen Mindereinnahmen zu leiden. Die DFL wird also nach dem Einstieg eines Investors schon zur Erhaltung des Status Quo gezwungen sein, die Medienerlöse in den kommenden Jahren erheblich zu steigern.

Wie steht es um die Medienerlöse im europäischen Fußball?

Die Realität sieht jedoch aktuell ganz anders aus. Bereits bei der letzten Ausschreibung der TV-Rechte musste die DFL erstmals einen Rückgang der Medienerlöse hinnehmen. Aktuell belaufen sich die Medienerlöse der DFL noch auf jährlich rund 1,1 Milliarden Euro. Ein Blick in die benachbarten europäischen Top-Ligen zeigt, dass mit einer Steigerung der Medienerlöse nicht zu rechnen ist: Die Serie A in Italien musste bei der diesjährigen Ausschreibung der TV-Rechte einen Rückgang der Medienerlöse von rund 30% hinnehmen. In Frankreich setzte der französische Ligaverband (LFP) die Auktion für die Medienrechte der Ligue 1 für die kommende Spielzeit zuletzt sogar aus, weil die erhaltenen Angebote zu weit entfernt von den eigenen Vorstellungen waren. 

Auch die DFL muss also bei der im nächsten Jahr anstehenden Vergabe der Medienrechte mit einem weiteren Rückgang der Medienerlöse rechnen. 

Was sind die Risiken eines Investoreneinstiegs in der DFL?

Der Investoreneinstieg würde  die DFL und deren Mitgliedsvereine dazu zwingen, die Medienerlöse schon kurzfristig – innerhalb von 5 Jahren – um mindestens 9% zu steigern. Wie aber soll dies gelingen, wenn der Verkauf der TV-Rechte in den kommenden Jahren weniger Medienerlöse generieren wird als in den vergangenen Jahren?
Für die DFL bieten sich dafür im Wesentlichen zwei Ansatzpunkte.
Zunächst plant die DFL durch die Schaffung einer eigenen Digital-Plattform neue Märkte im Ausland zu gewinnen und durch zusätzliche Medienangebote (Stichwort: Videos aus den Kabinen, Spielerporträts etc.) zusätzliche Einnahmen zu generieren. Wie schnell dies funktionieren wird und in welchem Umfang dies zu einer tatsächlichen Steigerung der Medienerlöse führen wird, steht in den Sternen. Insbesondere beim Erschließen ausländischer Märkte darf im Hinblick auf die Konkurrenz mit der Premier League aber durchaus bezweifelt werden, ob hier ein so erhebliches Steigerungspotenzial liegt, um die Mindereinnahmen durch die Beteiligung des Investors ausgleichen oder gar die Renditeerwartungen eines Private-Equity Investors von jährlich ca. 15% erfüllen zu können.
Eine vergleichsweise kurzfristig zu realisierende Alternative stellt die Erweiterung der von der DFL angebotenen „Produktpalette“ dar: Wenn die TV-Anstalten nicht bereit sind, für das aktuelle Angebot mehr zu bezahlen als bisher, dann bietet man den TV-Anstalten eben mehr Spiele an, um auf diese Weise die notwendige Steigerung der Medienerlöse zu realisieren. Am einfachsten und schnellsten wird dies über eine weitere Zerstückelung der Spieltage gehen. Die spanische La Liga geht hier bereits mit schlechten Beispiel voran und trägt zehn Spiele zu zehn verschiedenen Anstoßzeiten aus. Aber auch die Anzahl der auszutragenden Spiele wäre eine Möglichkeit, um die Medienerlöse zu steigern. Die Einführung von Play-off Spielen würde beispielsweise dazu führen, noch mehr als die 34 Spieltage plus Relegation vermarkten zu können.
Die Interessen von Fußballfans und Stadionbesuchern werden dann jedenfalls noch weniger Platz haben, als es heute schon der Fall ist.  

Wie glaubwürdig ist die DFL?

Die DFL betont hingegen weiterhin, dass es zu keiner weiteren Zerstückelung des Spieltages kommen werde und auch ein Mitspracherecht des Investors ausgeschlossen sei. Doch wie realistisch sind solche Aussagen?
In Anbetracht des zu erwartenden Rückgangs der Medienerlöse aus den TV-Rechten für die kommenden Spielzeiten dürften sich die Funktionäre in der DFL hieran wohl genauso lange gebunden fühlen, wie an den Mitgliederentscheid gegen einen Investoreneinstieg im Mai diesen Jahres.
Es ist kaum vorstellbar, dass ein Private-Equity Investor sich kurz nach seinem Eintritt mit einer Reduzierung der Einnahmen aus der Vergabe der TV-Rechte zufrieden geben wird. Vielmehr wird er alles daran setzen, die bisherigen Einnahmen aus den TV-Rechten zu steigern. Die „Champions League Reform“ stellt hier ein mahnendes Beispiel dafür dar, wie wenig Wert auf die Belange von Fußballfans und Stadionbesuchern gelegt wird, wenn es darum geht, immer höhere TV-Einnahmen zu realisieren. Eine weitere Zerstückelung des Spieltages oder eine Änderung des Spielmodus sind dafür unausweichlich. 
Der Investor wird dabei im Streben nach immer höheren Erlösen die DFL vor sich hertreiben. Die DFL mag hier zwar stets betonen, dass dem Investor keine Stimmrechte zugebilligt werden sollen, ein Blick nach München (Ismaik bei 1860), Hamburg (Kühne beim HSV) und Berlin (777) zeigt aber, wie Investoren die Vereine auch ohne Stimmrechtsmehrheit vor sich hertreiben. Im Übrigen wäre der Investor in der DFL wohl auch der erste Private-Equity Investor, der keine Mitspracherechte einfordern wird. Zu den genauen Einflussmöglichkeiten des Investors aber schweigt die DFL genauso wie zu den konkreten Plänen, wie im aktuellen Medien- und Finanzumfeld eine signifikante Erhöhung der Medieneinnahmen in den kommenden Jahren realisiert werden soll. 

Was erwarten wir vom 1. FC Köln?

In Anbetracht der gravierenden Folgen eines Investoreneinstiegs in der DFL erwarten wir von Vorstand und Geschäftsführung, dass sie sich auch dieses Mal deutlich gegen einen Investoreneinstieg in der DFL positionieren. Der FC hatte im Mai dieses Jahres erheblichen Anteil daran, dass die erforderliche 2/3 Mehrheit für einen Investoreneinstieg nicht erreicht wurde. Auch auf unserer Mitgliederversammlung im September dieses Jahres konnte man erkennen, dass ein Großteil der Mitglieder froh war, dass der FC hier so deutlich Stellung bezogen hatte. Als Fans eines mitgliedergeführten Vereins erwarten wir, dass der FC erneut vehement und öffentlichkeitswirksam für die Interessen seiner Mitglieder und seiner Fans einsteht und alles in seiner Macht stehende tut, um auch diesen Vorstoß eines Investoreneinstiegs in der DFL zu verhindern.

Was können wir als Fußballfans tun?

Im Mai dieses Jahres hatten die Fankurven in Deutschland einen nicht unerheblichen Anteil daran, dass die erforderliche 2/3 Mehrheit in der DFL letztlich nicht erreicht wurde und einem Investoreneinstieg eine Absage erteilt wurde. Auch bei dem am 11. Dezember zur Abstimmung stehenden Vorschlag wird es auf jede einzelne Stimme innerhalb der DFL ankommen. Es gilt also einmal mehr, den öffentlichen Druck auf die DFL, aber insbesondere auch auf die Entscheidungsträger im eigenen Vereinen zu erhöhen und eine Stimmabgabe zu erreichen, die den Interessen der Fans und Mitglieder gerecht wird. Es liegt an uns, auch dieses Mal wieder alle erdenklichen Wege zu nutzen, um unserer Stimme Gehör zu verschaffen. Der Fußball gehört den Fans und nicht einigen wenigen Funktionären. Es gibt genügend Vereine in der Ersten und Zweiten Bundesliga, bei denen ein Mitspracherecht der Mitglieder noch existiert. Dies gilt es zu nutzen und auch im Übrigen unsere Stimme lautstark in die Vereine und Stadien zu tragen!


Ein anderer Fußball ist möglich, die Verantwortung liegt bei uns allen! 

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